Rat & Tat


Die Impfkampagne „#weexplainforeveryone“ wurde vom Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V., der Niedersächsischen Landesbeauftragten für Migration und Teilhabe und der Niedersächsischen Lotto-Sport-Stiftung ins Leben gerufen. Auf dieser Seite finden Sie Informationen und Videos zum Corona-Virus und Impfen in 16 verschiedenen Sprachen. Die Informationen beziehen sich überwiegend auf die Lage in Niedersachsen. Alle Informationen wurden von Mediziner:innen geprüft.

https://covid.lotto-sport-stiftung.de/


Pro Asyl warnt unter Hinweis auf fragwürdige – und wieder zurückgezogene – Mails des BAMF vor übereilten Asylanträgen für Evakuierte aus Afghanistan:

https://www.proasyl.de/news/achtung-nach-evakuierung-aus-afghanistan-keinen-uebereilten-asylantrag-stellen/


Pressemitteilung zum Freispruch im Kirchenasylverfahren

Signalwirkung für die Kirchenasylbewegung“

Bielefeld/Köln/Münster, den 28.04.2021

Bruder Abraham Sauer aus der Abtei Münsterschwarzach ist am 26. April 2021 vom Amtsgericht Kitzingen (Bayern) freigesprochen worden. Der Mönch war angeklagt worden, weil er geflüchteten Menschen Kirchenasyl gewährt hatte, die Staatsanwaltschaft hatte die Verurteilung gefordert. Das „Ökumenisches Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW e.V.“ begrüßt das Urteil als wegweisend für die Kirchenasylbewegung, auch außerhalb Bayerns.

Mit großer Freude haben wir die Entscheidung im ersten Verfahren aufgenommen, in dem sich ein Mönch für die Gewährung von Kirchenasyl vor einem bayerischen Gericht verantworten musste,“ so Joachim Poggenklaas, evangelischer Pfarrer in Bielefeld und im Vorstand des „Ökumenischen Netzwerks Asyl in der Kirche in NRW“.

Besonders hat uns gefreut, dass der Freispruch erfolgte, weil die Richterin anerkannt hat, dass es sich beim Kirchenasyl um einen Akt der Glaubens- und Gewissensfreiheit handelt, der nicht kriminalisiert werden darf.“

Dieses Urteil ist auch insofern bahnbrechend, weil es deutlich macht, dass es im Letzten nicht darum geht, dem Kirchenasyl einen eigenen Rechtsstatus zuzuweisen“, so der Theologe Benedikt Kern, der für das „Ökumenische Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW“ in der Beratung von Kirchenasylen tätig ist.

Das Kirchenasyl beruft sich vielmehr auf Grund- und Menschenrechte, weil es die Menschenwürde von Geflüchteten schützt. Der Freispruch von Bruder Abraham Sauer sollte somit auch Signalwirkung für die Kirchenasylbewegung haben: wir lassen uns nicht von staatlichen Behörden vorschreiben, welchen Kriterien ein Kirchenasyl genügen muss, um anerkannt zu werden. Wir können uns mutig auf die eigene Glaubens- und Gewissensfreiheit berufen.“

Derzeit befinden sich 91 Menschen in NRW in 60 Kirchenasylen, davon sind 55 Dublin-Fälle. 70 Kirchenasyle wurden in den letzten 12 Monaten beendet, davon 70 (100%) erfolgreich.

Das „Ökumenische Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW e.V.“ berät und unterstützt seit 1994 von Abschiebung betroffene Geflüchtete und Kirchengemeinden in Fragen des Kirchenasyls. Es gibt Geschäftsstellen in Bielefeld, Köln und Münster.

Kontakt für Pressestatements:
Mobil: 0163-743870
Email: nrw@kirchenasyl.de
Haus der ev. Kirche, Kartäusergasse 9-11, 50678 Köln
Infos: www.kirchenasyl.de


Pressemitteilung, 15. Februar 2021

Geflüchtete werden durch „Abtretungserklärungen“ betrogen

Flüchtlingsrat warnt Geflüchtete vor der Unterzeichnung von „Abtretungserklärungen“ der Kommunen

Aus verschiedenen Teilen Niedersachsens wurde uns bekannt, dass Bewohnende von Flüchtlingsunterkünften durch die Kommunen aufgefordert werden, sog. Abtretungserklärungen zu unterzeichnen. Mit diesen Abtretungserklärungen lassen sich die Kommunen „alle bestehenden und künftigen Einkommensansprüche“ der Bewohnenden – bspw. gegenüber Ihrem Arbeitgeber, der Agentur für Arbeit bzw. dem Jobcenter, der Krankenkasse oder der Rentenversicherung – übertragen, um – vermeintliche – Gebührenschulden für die Unterbringung „unter Ausschaltung der Pfändungsfreigrenze“ direkt von den benannten Stellen einfordern zu können, und zwar auch dann, „wenn dadurch Pfändungsfreigrenzen unterschritten werden.“

Sofern Bewohnende die „Abtretungserklärungen“ unterzeichnen, kann die Kommune unmittelbar z.B. auf ihr Erwerbseinkommen, das Arbeitslosengeld oder (selbst auch erst in ferner Zukunft) auf ihre Rente zugreifen. Der Zugriff kann sogar dann erfolgen, wenn die Betroffenen klagen und bestreiten, der Kommune (noch) Unterbringungsgebühren zu schulden. Nach Unterschreiben der Abtretungserklärungen ist es den Kommunen möglich, auf sämtliche Gelder der Bewohnenden zuzugreifen, ohne ihnen auch nur einen Cent zum (Über)Leben belassen zu müssen. Die Kommunen rechtfertigen ihr Vorgehen damit, dass die Betroffenen eine „wirtschaftliche Gegenleistung erhalten.“

Muzaffer Öztürkyilmaz, Referent des Flüchtlingsrat Niedersachsens:

„Die Argumentation der Kommunen ist zynisch: Die betroffenen Geflüchteten haben bestenfalls noch ein Dach über dem Kopf, aber kein Geld, um sich zu ernähren oder gar am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Der Zweck der Pfändungsfreigrenze, gewisses Einkommen vor dem Zugriff etwaiger Gläubiger zu schützen, wird damit ausgehöhlt.“

Die Stadt Hannover versteckt  in den „Abtretungserklärungen“ den Zusatz, dass die Gebühren der Unterbringung „dem Grunde und der Höhe nach anerkannt“ werden. Dabei weiß die Landeshauptstadt, dass die Gebühren hinsichtlich ihrer Höhe heftig umstritten sind. Mit der „Abtretungserklärung“ will die Landeshauptstadt – so wohl die Überlegung – jegliche Rechtsmittel gegen die Gebührenforderungen ausschließen und sich scheinbar vorsorglich gegen weitere Klagen wappnen. Besonders erschreckend ist auch, dass Sozialarbeiter_innen dem Flüchtlingsrat aus unterschiedlichen Unterkünften der Stadt berichtet haben, dass das Wohnungsamt bzw. die Einrichtungsleitung sie aktiv dazu aufgefordert habe, die Unterschriften von den Bewohnenden einzuholen. Ihnen sei dabei jedoch lediglich mitgeteilt wurden, dass die „Abtretungserklärung“ dazu dienten, die Unterkunftskosten bspw. für den Fall des Jobverlustes abzudecken. Über die tatsächliche Tragweite der Belehrung seien auch sie nicht aufgeklärt worden.

Die Stadt Nordhorn bringt es gar fertig, Bewohnende von Gemeinschaftsunterkünften unterschreiben zu lassen, „dass alle Gegenstände, die nach meinem Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft / nachdem ich die Gemeinschaftsunterkunft aus welchem Grund auch immer verlassen habe noch in der Unterkunft vorhanden sind, Abfall darstellen, der auf meine Kosten entsorgt werden kann“. Asylsuchende haben bekanntlich nicht das Recht, ihren Aufenthaltsort selbst zu bestimmen. Geflüchtete, die möglicherweise gegen ihren Willen umquartiert oder abgeschoben werden, sollen auf ihr zurückgelassenes Eigentum nicht nur keinen Anspruch mehr haben,  sondern sogar für die Entsorgung zahlen. Aus unserer Sicht ist das eine Form von kalter Enteignung.

Muzaffer Öztürkyilmaz, Referent des Flüchtlingsrats Niedersachsen, warnt:

„Derartige Abtretungserklärungen sind rechtswidrig. Wir empfehlen ausdrücklich, solche Abtretungserklärungen nicht zu unterzeichnen, dazu besteht keinerlei gesetzliche Verpflichtung. Wir fordern die Kommunen auf, Geflüchteten ab sofort keine „Abtretungserklärungen“ zur Unterzeichnung mehr vorzulegen.“

Der Flüchtlingsrat kritisiert, dass den betroffenen Geflüchteten die weit reichenden „Abtretungserklärungen“ ohne eine Erläuterung und ohne Übersetzung vorgelegt werden. Vielmehr nutzen die Kommunen die Zwangs- und Notsituation der Betroffenen aus: Geflüchtete können nicht frei entschieden, wo sie wohnen, teils weil sie behördlich verpflichtet werden, in einer bestimmten Unterkunft zu leben, teils weil sie aufgrund von Wohnungsknappheit und Diskriminierung keine neue Bleibe finden.

Personen, die bereits eine solche Abtretungserklärung unterzeichnet haben, werden gebeten, sich an die Geschäftsstelle des Flüchtlingsrats zu wenden. 

Muzaffer Öztürkyilmaz

Flüchtlingsrat Niedersachsen
Röpkestraße 12
30173 Hannover

Tel.: 0511 / 98 24 60 38 Mo. – Fr. 10.00 – 12.30; Di. – Do. 14.00 und 16.30
Fax: 0511 / 98 24 60 31


Wohnen in Flüchtlingsunterkünften – Anspruch auf Umzug wegen unzureichender Infektionsprävention

https://www.nds-fluerat.org/43741/aktuelles/wohnen-in-fluechtlingsunterkuenften-anspruch-auf-umzug-wegen-unzureichender-infektionspraevention/

 


vorbildlicher Abstand bei „Wir in Süderwisch“

Cuxhavener Initiativen unterstützen in der Corona-Krise

Da auch in Cuxhaven die Tafel schließen mußte, haben sich verschiedene Cuxhavener Initiativen  zusammengefunden um sich gemeinsam und planvoll der Herausforderung zu stellen. Am 31.03. liefen die Hilfsmaßnahmen für bedürftige BürgerInnen in Cuxhaven an.

An verschiedenen Standorten werden Lebensmittel in sogen. Foodbags zum Preis von 2,00 € ausgegeben. Die Ausgabe erfolgt an allen Standorten zur gleichen Zeit:

dienstags 11.00 – 13.00 Uhr
donnerstags 15.00 – 17.00 Uhr

Standorte der Verteilung:

Süderwisch – verantwortlich „Wir in Süderwisch“
Lehfeld – Bürgerzentrum
Präsident-Herwig-Straße 2 – one4one


Medizinische Versorgung von Menschen ohne Krankenversicherung in der Covid-19 Pandemie sicherstellen!

Offener Brief_Medinetz Hannover_COVID-19

Einsatz von Geflüchteten als Erntehelfer_innen

Zur Klarstellung vorab: Ohne jeglichen Zweifel und in jeder Hinsicht sind Arbeitsverbote unsinnig und abgeschafft!

Und dennoch: Nein, es ist nicht zu begrüßen, dass uns die Arbeitskraft und die Potentiale von ausgegrenzten Menschen genau dann einfällt, wen wir darum fürchten müssen, dass Spargel und Erdbeeren nicht mehr in Hülle und Fülle und deshalb teurer auf unseren (Mittags-)Tischen landen. Das ist nichts anderes als pure Nützlichkeit! Denken wir das Ganze weiter, was kann nun passieren? Die bundesweit knapp 1.600 Menschen aus den so genannten „sicheren“ Herkunftsstaaten, die sich in einem Asylverfahren befinden werden ebenso wenig wie die knapp 4.000 in nds. Erstaufnahmeeinrichtungen lebenden Menschen die Lücke von bis zu 44.000 allein in Niedersachsen fehlenden Erntehelfer*innen schließen können.  Gemeint sind also auch viele derjenigen, die als schutzberechtigte Flüchtlinge einen uneingeschränkten Arbeitsmarktzugang haben und zurzeit ohne Beschäftigung sind, weil sie z.B. an einer Qualifizierungsmaßnahme teilnehmen oder sich anderweitig im Rahmen ihrer Befähigung darum bemühen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Sie alle – also sämtliche Leistungsempfänger*innen –  werden mitnichten „freiwillig“  den Erntehilfedienst antreten, sondern über die bestehenden sozialrechtlichen Rahmenbedingungen gezwungen werden können, einen knochenharten Job mit oftmals ungeregelten und vor allem überbordenden Arbeitszeiten machen zu müssen. Wer gesundheitlich dazu in der Lage ist und sich – aus welchen Gründen auch immer – weigert, eine solche Beschäftigung anzunehmen, dürfte zumindest Leistungskürzungen in Kauf nehmen müssen. Dass die Verdienstmöglichkeiten im regelmäßig unterlaufenen Mindestlohnbereich nicht geeignet sind, einen Run um diese Arbeitsplätze auszulösen, liegt auf der Hand.

In einer Welt, die gerade „Kopf steht“, kann es nützlich sein, sie auch aus dieser Perspektive zu betrachten: Entweder finden wir uns damit ab, dass uns in diesem Jahr der Spargel und die Erdbeeren nicht so richtig munden wollen oder wir treten entschieden dafür, dass Erntearbeit ebenso  wie viele andere, aktuell  als „systemrelevant“ eingestufte Arbeitsfelder auch fair entlohnt werden. Ohne Konkurrenz auf dem Markt steigen die Preise, ohne Konkurrenz um Arbeitsplätze steigen die Löhne. Die Frage ist also nicht (primär), wer die Arbeit tut – und selbstverständlich soll niemand ausgeschlossen werden – sondern, wie hoch die Löhne steigen müssen, um diese Arbeit „gerne“ machen zu können.  Auch dann werden steigende Preise durchaus auch Verzicht auf die uns lieb gewonnenen Essensgewohnheiten bedeuten, aber der Verzicht darauf sollte leichter fallen als der Verzicht auf Bürger*innenrechte. Auch dann, muss ein sozialer Ausgleich verhindern, dass mit einer gerechten Entlohnung andere Menschen abgehängt werden. Dafür muss das Milliardenpaket der Bundesregierung sorgen.  Nutzen wir die Sichtweise aus der Perspektive des Kopfstands  und fordern wir das, was nun und zukünftig wesentlich sein wird:  soziale Gerechtigkeit!

Bleibt gesund!

Norbert Grehl-Schmitt


Hinweise und Info bzgl. des Einsatzes von Geflüchteten als Erntehelfer_innen

wie derzeit in den Medien verfolgt werden kann, werden für die anstehenden Ernten massenhaft landwirtschaftliche Hilfskräfte gesucht. Auch Geflüchtete wurden in dem Zusammenhang ins Spiel gebracht und dabei sogar die Lockerung bei den Beschäftigungsverboten in Aussicht gestellt. Für diejenigen, die bisher keine Arbeit finden konnten oder ihre Arbeit verloren haben oder auf Kurzarbeit sind, kann dies eine Möglichkeit sein, die eigene Situation zu verbessern (die Haltung des Flüchtlingsrates dazu kann man u.a. unserer Pressemitteilung entnehmen).

Nachfolgend einige Hinweise und Info bzgl. des Einsatzes von Geflüchteten als Erntehelfer_innen:

  • Der Einsatz als Erntehelfer_in/Saisonarbeiter_in geschieht i.d.R. auf Basis einer sog. „geringfügigen Beschäftigung“, die bei Saisonarbeit ausnahmsweise komprimiert als Ganztagsarbeit ausgeführt werden darf. Bisher konnten das 70 Arbeitstage im Stück sein, nun soll das für 115 Arbeitstage im Stück möglich sein. Diese Regelung gilt bis zum 31.10.2020.
  • Diese Beschäftigung ist sozialversicherungsfrei.
  • Es gilt der gesetzliche Mindestlohn von 9,35 Euro.
  • Einkünfte aus einer Nebentätigkeit werden bis zur vollen Höhe des Nettoeinkommen aus der eigentlichen Beschäftigung nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.

Infos zu den Beschlüssen der Bundesregierung sind u.a. auf der Seite des Bundeslandwirtschaftsministeriums zu finden:
https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/2020/054-coronapaket-der-bundesregierung.html

Agrar-Jobbörse:

Geflüchtete, die als Erntehelfer_innen arbeiten wollen, können auf dieser Seite eine Beschäftigung suchen:
Agrar-Jobbörse: https://www.agrarjobboerse.de/boerse/stellenangebote?bkz=511

Auf der Agrar-Jobbörse können Betriebe, die Erntehelfer_innen suchen, nach Ort/Region gesucht werden. Dort geben Landwirt_innen Stellengesuche ein. Wer dort arbeiten will, soll sich i.d.R. direkt an den Betrieb wenden. Hier ist es in manchen Fällen vielleicht sinnvoll, wenn Geflüchtete durch Berater_innen oder Ehrenamtlich dabei Unterstützung erhalten.
Es gibt bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen regional zuständige Willkommenlots_innen, die dabei ebenfalls unterstützen. Deren Kontakte sind hier zu finden.

Mobilität/Fahrt zum Arbeitsort:
Ein Problem wird in der Praxis der Weg zum Arbeitsort darstellen. Geflüchtete sollten sich darauf einstellen, dass sie nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Arbeitsorten, also zumeist den Feldern oder dem Bauernhof, kommen.
Ein Fahrrad oder gar ein Auto wird also oftmals zwingende Voraussetzung sein, um in der Landwirtschaft arbeiten zu können

Hinweise zu Arbeitsschutz:
Der Schutz vor Ansteckung mit dem Corona-Virus muss selbstverständlich auch bei der Arbeit als Erntehelfer_in im Vordergrund stehen.

Es gibt dazu Hinweise (u.a. auf Bulgarisch, Polnisch, Rumänisch, Russisch) auf der Seite der niedersächsischen Landwirtschaftskammer, siehe hier:
https://www.lwk-niedersachsen.de/index.cfm/portal/6/nav/1839/article/35277.html

Weitere Hinweise zu Arbeitsschutz und zu Arbeitsrecht in verschiedenen Sprachen sind auch auf der Webseite von AZF3 zusammengestellt:
http://azf3.de/corona-pandemie-informationen-zum-arbeitsrecht/

Beschäftigungserlaubnis:
Wer ein Beschäftigungsverbot hat oder nur mit vorheriger Erlaubnis durch die Ausländerbehörde arbeiten darf (der Eintrag in der Aufenthaltsgestattung oder in der Duldung lautet dann ungefähr: „Erwerbstätigkeit nicht gestattet“ bzw.: „Selbstständige Tätigkeit(en) nicht gestattet (§ 21 AufenthG), Beschäftigung nur mit Genehmigung der Ausländerbehörde gestattet“), sollte mit seiner/ihrer zuständigen Ausländerbehörde Kontakt aufnehmen, um kurzfristig die Beschäftigungserlaubnis für die Erntearbeit zu erhalten.
Beschäftigungsverbote sind jetzt i.d.R. nicht mehr zulässig, wenn sie auf Grund des Vorwurfs, dass die Abschiebung durch eigenes Verhalten ursächlich verhindert wird, ergangen sind. Da wegen des Corona-Virus derzeit praktisch nicht abgeschoben werden kann, ist eine evtl. Nichtmitwirkung nicht ursächlich dafür, dass eine Abschiebung nicht durchgeführt werden kann.

Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. 
Röpkestr. 12
D - 30173 Hannover 
Tel.: 0511/98 24 60 30
Durchwahl: 0511/84 87 99 73
Fax: 0511/98 24 60 31

Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) Kürzungen im Gesetz

Wir möchten noch mal darauf hinweisen, dass mit der Änderung des Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) einige Kürzungen im Gesetz aufgenommen wurden, die nach unserer Einschätzung das grundgesetzlich garantierte menschenwürdige Existenzminimum in Frage stellen und damit verfassungswidrig sein dürften.

Wir haben dazu einiges auf unserer Webseite erläutert, siehe hier.

Besonders häufig dürften alleinstehende Erwachsene in Gemeinschaftsunterkünften von Kürzungen betroffen sein. Sie werden seit dem 01.09. dieses Jahres behandelt wie Ehe- bzw. Lebenspartner_innen und in die Regelbedarfsstufe 2 eingeordnet, was eine Kürzung von 10% zur Folge hat. Erfreulicherweise gibt es bereits einen Beschluss des Sozialgerichts Landshut, der feststellt, dass diese Kürzungen verfassungswidrig sein dürften, siehe hier.

Wir empfehlen daher dringend, Widerspruch einzulegen und beim Sozialgericht einen Eilantrag zu stellen und bei abgelehntem Widerspruch Klage einzulegen. Eine Musterargumentation für einen Widerspruch und einen Eilantrag findet sich auf unserer Webseite hier.

Da bei den Eilanträgen und ggf. Klagen von den Sozialgerichten regelmäßig Prozesskostenhilfe gewährt wird und die Verfahren vor den Sozialgerichten gebührenfrei sind, entstehen den Betroffenen auch keine Kosten.

Gerne helfen wir auch, an eine_n Anwalt/Anwältin zu vermitteln, die die von Kürzung betroffenen Leute vertreten würden.

-- 
Freundliche Grüße
Sigmar Walbrecht

Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.

Unabhängige Asylverfahrensberatung vor dem Aus?
Netzwerk AMBA1 kritisiert BAMF-Konzept

Droht der unabhängigen Asylverfahrensberatung in Niedersachsen das Aus? Offenkundig beabsichtigt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF),die unabhängigen Beratungsstellen von Wohlfahrtsverbänden und NGOs aus der Beratung für Asylsuchende zu drängen und durch eigene Beamte zu ersetzen. Die Übernahme der individuellen unabhängigen Asylverfahrensberatung durch das BAMF widerspricht aber in eklatanter Weise dem Subsidiaritätsprinzip: Danach haben Angebote von Wohlfahrtsverbänden und NGOs grundsätzlich Vorrang vor staatlichen Leistungen.

Über viele Jahre haben Diakonie und Caritas in Niedersachsen sowie der Oldenburgische Verein IBIS e.V. eine unabhängige Asylverfahrensberatung in Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes für Asylsuchende über EU-Fördermittel gewährleistet. 2017 ist es endlich gelungen, das Land Niedersachsen von der Notwendigkeit zu überzeugen, eine unabhängige Asylverfahrensberatung durch öffentliche Mittel zu finanzieren: Seit 2018 fördert das Land Niedersachsen über die Richtlinie Migrationsberatung auch Beratungsstellen in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes.

Im Rahmen der sog. Migrationsgesetze hat der Gesetzgeber 2019 in § 12a Asylgesetz (AsylG) nun eine Regelung aufgenommen, durch welche eine unabhängige Beratung zum Asylverfahren sichergestellt werden soll. Die Gesetzesänderung ist grundsätzlich begrüßenswert, ihre Umsetzung durch das BAMF entspricht aber nicht den langjährigen Forderungen der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege und anderer Flüchtlingshilfeorganisationen (siehe etwa: Stellungnahme des Flüchtlingsrats aus Mai 2017), denn offensichtlich sollen unabhängige Berater_innen der Verbände durch staatliche Bedienstete ersetzt werden: In Umsetzung der neuen Rechtslage hat das BAMF begonnen, Beamt_innen (ehemalige Entscheider_innen; Anhörer_innen) des BAMF für die Asylverfahrensberatung zu schulen. Das BAMF ermögliche, so heißt es, selbst eine „unabhängige Beratung“. In einer ersten Stufe sei allein das BAMF für eine allgemeine, gruppenbezogene Information zuständig. Eine zweite Stufe, in deren Rahmen eine individuelle Beratung vorgesehen ist, werde ebenfalls vom BAMF gewährleistet. Die Behörde sei zwar bereit, mit Wohlfahrtsverbänden zusammenzuarbeiten, aber nicht dazu bereit, die etablierten unabhängigen Beratungsdienste zu finanzieren.

Die bisherige Finanzierung der unabhängigen Beratung der Wohlfahrtsverbände und NGOs durch das Land Niedersachsen ist nun jedoch in Gefahr, weil nach der neuen Rechtslage das Bundesinnenministerium zuständig ist. Die Finanzierung des Landes ist in Niedersachsen nur noch für das Jahr 2020 zugesagt. Auch eine EU-Projektförderung für eine unabhängige Asylverfahrensberatung soll nach Auffassung des BAMF zukünftig nicht mehr möglich ist, da das Angebot über staatliche Dienste abgedeckt sei. Im Effekt werden damit unabhängige Beratungsstellen aus den Erstaufnahmeeinrichtungen herausgedrängt – ganz so, wie es das „Ankerzentrums“-Konzept von Bundesinnenminister Seehofer vorsieht.

Das Vorgehen des BAMF ist inakzeptabel: Der Subsidiaritätsgrundsatz ist tragende Struktur des deutschen Verfassungsrechts und deshalb unbedingt zu berücksichtigen. In Umsetzung dieses Grundsatzes wäre das in § 12a AsylG neu verankerte Informations- und Beratungsangebot denen zu übertragen, die diese Aufgaben bereits vor Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelung erfolgreich wahrgenommen haben. Es ist Aufgabe des Staates, diese Dienste – auch finanziell – so zu fördern, dass sie in der Lage sind, die unabhängige, individuelle Asylverfahrensberatung gemäß den konzeptionell festgelegten Qualitätsstandards durchzuführen.

Im Übrigen widerspricht das BAMF mit seinem Vorgehen den eigenen Erkenntnissen: Der Evaluationsbericht des BAMF-Pilotprojektes „Asylverfahrensberatung“ (2017) mit den Wohlfahrtsverbänden bestätigt und belegt, dass nur eine unabhängige Beratung durch Wohlfahrtsverbände (und NGOs) geeignet ist, die Betroffenen unabhängig zu informieren, die Qualität der getroffenen behördlichen Entscheidung zu fördern und die Verwaltungsgerichte zu entlasten. Die unabhängige Asylverfahrensberatung führt zu einer frühzeitigen Abklärung von Verfahrensfragen und dadurch zu einer Effizienzsteigerung. Es spricht für sich, dass das BAMF seinen Evaluationsbericht wohl deshalb selbst nie veröffentlicht hat.

Asylverfahrensberatung muss unabhängig sein und kann nicht durch staatliche Stellen übernommen werden. Die vom BMI beabsichtigte Übertagung der Beratung an das BAMF entspricht nicht den Erfordernissen an eine unabhängige Beratung. So ist z.B. die individuelle Begleitung im Anhörungsverfahren, die Beratung zu möglichen Rechtsmitteln und zum Klageverfahren ausdrücklich ausgenommen.

Daher ist es unerlässlich, dass Asylsuchende auch zukünftig Zugang zu einer unabhängigen individuellen Beratung zu ihrem Asylverfahren bekommen.

1AMBA (Aufnahmemanagement und Beratung für Asylsuchende in Niedersachsen) ist ein Netzwerkprojekt des Flüchtlingsrats Niedersachsen e.V., des Caritasverbands für die Diözese Osnabrück e.V., der Caritasstelle im GDL Friedland / DiCV Hildesheim, der Inneren Mission / Evangelisches Hilfswerk im Grenzdurchgangslager Friedland e.V., des Caritasverbands Braunschweig e.V., des Caritasverbands für den Landkreis Peine e.V., des kargah e.V. Hannover – Verein für Interkulturelle Kommunikation, Migrations- und Flüchtlingsarbeit, des Vereins IBIS – Interkulturelle Arbeitsstelle Oldenburg e.V. sowie des Vereins Niedersächsischer Bildungsinitiativen e.V. (VNB). Es wird von der EU, dem Land Niedersachsen und der UNO-Flüchtlingshilfe gefördert.
Das Netzwerkprojekt verfolgt das Ziel, die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Niedersachsen durch eine Reihe von aufeinander abgestimmten Maßnahmen zu verbessern.

Weitere Informationen:

Kai Weber, Tel. 0511 – 8487 9972


Integrationskurse:
Bundesregierung verhindert frühzeitigen Spracherwerb

Liebe Kolleg*innen,

einer der ganz wenigen halbwegs positiven Aspekte des so genannten „Migrationspakets“ schien die Öffnung der Integrationskurse und der berufsbezogenen Deutschkurse für größere Gruppen von Asylsuchenden und Geduldeten zu sein. Die SPD-Fraktion lobte die vermeintliche Öffnung der Integrationskurse damals geradezu überschwänglich: „Alle Geduldeten und Gestatteten, die bereits eingereist sind, werden zukünftig nach drei Monaten Zugang zu den Kursen haben. Hiervon würden 200.000 Menschen profitieren. (…). Dies seien insgesamt große Fortschritte, denn das Erlernen der deutschen Sprache habe für alle nur positive Effekte, das Zusammenleben werde dadurch einfacher.“ (Bundestags-Drucksache 19/10692).

Allein: Mit der Realität hat diese Einschätzung nur wenig zu tun. Denn in der Praxis zeigt sich, dass der Zugang zu den Integrationskursen für sehr viele Geflüchtete gerade in der ersten Zeit des Aufenthalts weiterhin versperrt bleibt – dies gilt für viele Betroffene mindestens neun Monate lang. Für Personen, die erst ab August 2019 eingereist sind oder erst noch kommen werden, sind die Zugänge sogar deutlich schlechter geworden als nach der alten Rechtslage. Grund für diese integrationspolitische Rolle rückwärts sind zum einen die von Union und SPD beschlossenen gesetzlichen Regelungen und zum anderen eine bewusst restriktive Auslegung dieser Gesetze durch das Bundesinnenministerium und das Bundesarbeitsministerium.

Konkret:

Zugang zu den Integrationskursen haben gem. § 44 Abs. 4 Nr. 1 AufenthG Personen mit einer Aufenthaltsgestattung, wenn

  • sie entweder aus einem Herkunftsland kommen, für das eine „gute Bleibeperspektive“ gewahrsagt wird. Das dafür federführende Bundesinnenministerium wahrsagt diese „gute Bleibeperspektive“ seit August 2019 nur noch für Asylsuchende aus Syrien und Eritrea. Dies ergibt sich nicht aus dem Gesetz, sondern ist eine weitgehend willkürliche Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs – die indes nun zur Folge hat, dass der Zugang zum Integrationskurs nach dieser Regelung für Menschen aus Iran, Irak, Somalia (und allen anderen Herkunftsstaaten) nicht mehr besteht. Also: Eine Verschlechterung gegenüber der Situation vor August 2019!
  • oder für sie zwar keine „gute Bleibeperspektive“ gewahrsagt wird, sie aber als „arbeitsmarktnah“ Diese Möglichkeit ist durch das Migrationspaket neu eingeführt worden und uns als große Verbesserung verkauft worden. Zu Unrecht! Denn:
  • Sie gilt zum einen nur dann, wenn die Person vor dem 1. August 2019 eingereist Somit ist dieser Weg für alle Menschen, die künftig einreisen werden, von Anfang an versperrt.
  • Und: Voraussetzung ist außerdem, dass mindestens eine Meldung als „arbeits- oder ausbildungssuchend“ bei der Arbeitsagentur erfolgt (nur bei Familien mit Kindern unter drei Jahren wird dies nicht verlangt). Für die Arbeitsuchendmeldung muss jedoch nach Interpretation des zuständigen Bundesarbeitsministeriums ein „abstrakter Arbeitsmarktzugang“ bestehen – also eine Beschäftigungserlaubnis zumindest theoretisch erteilt werden können. Asylsuchende, die in Landesaufnahmeeinrichtungen (zu erkennen z. B. am Label AnkER, LEA, ZUE, EAE o.ä.) leben müssen, können aber erst nach neun Monaten Dauer des Asylverfahrens eine Beschäftigungserlaubnis erhalten. Zugleich ist die Verpflichtung zum Leben in Landeslagern durch eine Änderung des Asylgesetzes für zahlreiche Gruppen auf bis zu 18 Monate (Familien mit minderjährigen Kindern: bis zu sechs Monate) drastisch verlängert worden. In einigen Bundesländern (Bayern, NRW) müssen Asylsuchende unter Umständen sogar 24 Monate in den Landeslagern leben. (Ausführliche Informationen finden Sie dazu hier).

Die Folge ist: In den ersten neun Monaten können Asylsuchende, die nicht aus Syrien oder Eritrea stammen, nicht an Integrationskursen teilnehmen, wenn sie noch nicht einer Kommune zugwiesen worden sind. Falls sie erst ab dem 1. August 2019 eingereist sind oder künftig erst einreisen werden, besteht diese Möglichkeit ohnehin nicht mehr. Der Zugang zum Integrationskurs ist somit nicht besser, sondern schlechter geregelt als vor Inkrafttreten des „Migrationspakets“!

Die Interpretation des Bundesarbeitsministeriums, dass für eine Arbeitsuchendmeldung ein „abstrakter Arbeitsmarktzugang“ vorausgesetzt werde, ist dabei alles andere als zwingend: Denn anders als für eine Arbeitslosmeldung muss man für eine Arbeitsuchendmeldung nicht den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur zur Verfügung stehen – die Verfügbarkeit ist keine Bedingung. Somit wäre es sehr wohl denkbar gewesen, die Arbeitsagenturen anzuweisen, dass auch während der ersten neun Monate im Asylverfahren die Arbeitsuchendmeldung vorgenommen wird – schließlich besteht ja in aller Regel zumindest ein perspektivischer Arbeitsmarktzugang.

Somit zeigt sich: Die Gesetzgeberin hat ganze Arbeit geleistet bei ihrem Versuch, Integration möglichst umfassend zu verhindern. Diese Verhinderungspolitik setzt sich auch diesseits der Gesetzgebung weiter fort, indem sowohl das Bundesinnenministerium als auch das Bundesarbeitsministerium ohne Not eine unnötig restriktive Gesetzesinterpretation betreiben.

Umso wichtiger, dass der Bundesrat in seiner Sitzung am 11. Oktober die Forderung verabschiedet hat, die Sprachförderung für „alle Zuwandernden, einschließlich der Geduldeten, möglichst frühzeitig“ zu ermöglichen. Unverständlich ist, warum BMI und BMAS nicht zumindest die vorhandenen Spielräume nutzen, um diesem Ziel bereits jetzt näher zu kommen.

Liebe Grüße

Claudius

Claudius Voigt

Projekt Q – Büro zur Qualifizierung der Flüchtlings- und Migrationsberatung

Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e. V.

Hafenstraße 3 – 5, 48153 Münster

www.ggua.de


Änderungen im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)

Mit dem Haub-ab-Gesetz (auch unter dem verharmlosenden Titel „Geordnete-Rückkehrgesetz“ bekannt) sind u.a. auch Änderungen am AsylbLG vorgenommen worden, die seit dem 21.08.2019 gelten. Weitere Änderungen im AsylbLG sind mit dem „Dritten Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetz“ am 01.09.2019 in Kraft getreten. Diese Gesetzesänderungen haben z.T. erhebliche Auswirkungen. Da diese Änderungen zum Teil mit erheblichen Verschlechterungen für Geflüchtete verbunden sind, werden nachfolgend die wichtigsten Änderungen dargestellt und Empfehlungen für die Beratungspraxis gegeben.

  1. Umstellung von Grundleistungen auf Analogleistungen nach 18 Monaten
    Seit dem 21.08.2019 können Personen, die unter das AsylbLG fallen, frühestens nach 18 Monaten statt bisher 15 Monaten Voraufenthalt Leistungen nach § 2 AsylbLG erhalten, die analog zu Leistungen nach dem SGB 12 gestaltet sind.
  1. Keine Leistungen für Personen, die in anderen EU-Staaten als international Schutzberechtigte anerkannt sind
    Menschen, die bereits in einem anderen EU-Staat (oder Island, Liechtenstein, Norwegen oder Schweiz) als international Schutzberechtigte (also Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder subsidiärer Schutz) anerkannt sind, sollen gem. § 1 Abs. 4 AsylbLG von Leistungen nach dem AsylbLG komplett ausgeschlossen werden. Sie können maximal für zwei Wochen innerhalb von zwei Jahren „Überbrückungsleistungen“ erhalten. Diese sollen als Sachleistungen erbracht werden und umfassen lediglich den Bedarf an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege. Jedoch wird dieser Grundsatz durch zwei Härtefallregelungen durchbrochen. Zum einen sind „soweit dies im Einzelfall besondere Umstände erfordern […] zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen nach den §§ 3, 4 und 6 [AsylblG]“ zu gewähren (§ 1 Abs. 4 S. 6, 1. Hs. AsylblG). Zum anderen sind „Leistungen über einen Zeitraum von zwei Wochen hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist“ (§ 1 Abs. 4 S. 6, 2. Hs. AsylblG).
    Ein Erlass in Rheinland-Pfalz bspw. berücksichtigt dies und weist darauf hin, dass bei vulnerablen Personen grundsätzlich besondere Umstände anzunehmen sind, die aus Härtefallgründen Leistungen nach den §§ 3, 4 und 6 AsylbLG erfordern. Zudem wird in dem Erlass deutlich gemacht, dass auch nicht vulnerablen Personen um sie „vor Obdachlosigkeit, Hunger sowie sonstigen Beeinträchtigung von Leib und Leben zu schützen“ i.d.R. auch nach zwei Wochen weiterhin mindestens die Überbrückungsleistungen zu gewähren sind.
    In Niedersachsen werden Asylantragsstellenden, die in einem anderen (EU-)Staat als GFK-Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte anerkannt sind, nach unserem derzeitigen Informationsstand auch über zwei Wochen hinaus Leistungen nach dem AsylblG gewährt. Ein vollständiger Leistungsausschluss ist unseres Erachtens nach in jedem Fall verfassungswidrig, da der Anspruch auf Gewährung des menschenwürdigen Existenzminimus nicht auf Grund migrationspolitischer Erwägungen relativiert werden darf, wie das Bundesverfassungsgericht befand.
  1. Ausweitung des Personenkreises, der nur gekürzte Leistungen nach § 1a AsylbLG erhalten soll
    U.a. Asylsuchende, deren Antrag auf Grundlage der Dublin-III-Verordnung als unzulässig abgelehnt und denen die Überstellung in einen anderen (EU)-Staat angedroht wurde, erhalten nunmehr grundsätzlich ebenfalls lediglich gekürzte Leistungen, die den Bedarf an „Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege“ decken und zwar grundsätzlich auch dann, wenn der Ablehnungsbescheid noch nicht rechtskräftig ist (§ 1a Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 AsylblG). Zudem erhalten Asylsuchende fortan gekürzte Leistungen, wenn sie ihren Asylantrag nicht „unverzüglich“ stellen oder bei der Identitätsklärung nicht mitwirken (§ 1a Abs. 5 S. 1 Nr. 1, 6, 7 AslyblG).
  1. Kürzungen für alleinstehende Erwachsene, die in Gemeinschaftsunterkünften wohnen
    Alleinstehende Erwachsene, die in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht und einander prinzipiell fremd sind, werden nun Ehegatten bzw. Lebenspartnern gleichgestellt und als Haushaltsgemeinschaft betrachtet (§ 3a Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 2 Nr. 2a AsylblG).
    Deshalb sollen sie nun nur noch Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 2 erhalten, was einer Kürzung von etwa 10% gegenüber der vorherigen Einstufung in der Regelbedarfsstufe 1 entspricht.
  1. Kürzungen bei volljährigen Erwachsenen unter 25 Jahren, die bei ihren Eltern leben
    Volljährige Erwachsene, die unter 25 Jahre alt sowie unverheiratet sind und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung zusammenleben , werden in die Regelbedarfsstufe 3 eingeordnet und erhalten somit jetzt 20% weniger Leistungen als zuvor (§ 3a Abs. 1 Nr. 3a, Abs. 2 Nr. 3a AsylblG).
  1. Anpassung der Regelbedarfe nach EVS-Bedarfsrechnung
    Sobald die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) vorliegen, müssen die Geld-Leistungen für den „notwendigen persönlichen Bedarf“ und den „notwendigen Bedarf“ entsprechend angepasst werden (§ 3a Abs. 5 AsylblG).
  1. Schließung der Förderlücke für Auszubildende und Studierende mit Aufenthaltsgestattung
    Wer sich im Asylverfahren befindet, ist grundsätzlich von BAB (Berufsausbildungsbeihilfe) oder BAföG ausgeschlossen. Mit der Gesetzesänderung haben nun aber alle Auszubildenden (in schulischer oder dualer Ausbildung) sowie alle Studierenden mit Aufenthaltsgestattung (auch nach 18 Monaten Aufenthalt in Deutschland) Anspruch auf Leistungen nach § 2 AsylbLG zur Sicherung des Lebensunterhalts während der Ausbildung/des Studiums.
  1. Freibetrag für ehrenamtliche Tätigkeiten
    Leistungsberechtigte nach dem AsylblG können monatlich bis zu 200,- Euro aus einer ehrenamtlichen Tätigkeiten (wie z.B. als Übungsleiter_in oder Ausbilder_in für gemeinnützige Zwecke) erzielen, wobei diese Einkünfte nicht als Einkommen berücksichtigt und somit nicht mit dem Leistungsanspruch verrechnet werden (§ 7 Abs. 3 S. 2 AsylblG).
  1. Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG bereits mit Asylgesuch
    Es wird klargestellt, dass schon durch die Äußerung des Asylgesuchs (und nicht erst mit der förmlichen Asylantragstellung beim BAMF) der Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG entsteht.

Widerspruch und ggf. Klage und Eilantrag:

  • Wer als alleinstehende_r Erwachsen_r in einer Gemeinschaftsunterkunft lebt und daher von der Kürzung durch die Herabstufung in die Regelbedarfsstufe 2 betroffen ist, empfehlen wir Widerspruch und bei Ablehnung des Widerspruchs Klage beim Sozialgericht gegen die gekürzten Leistungen einzulegen.
  • Wer als in einem anderen EU-Staat Schutzberechtigter_r von Leistungen vollkommen ausgeschlossen wird, sollte Widerspruch und Eilantrag beim Sozialgericht stellen, bei Ablehnung des Widerspruchs sollte Klage beim Sozialgericht eingereicht werden.
  • Grundsätzlich sollte auch bei anders begründeten Leistungskürzungen Widerspruch eingelegt und bei Ablehnung geprüft werden ob Klage eingereicht wird. Vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 12.08.2012, worin das BVerfG festgestellt hat, dass das Existenzminimum durch den SGB II- bzw. SGB XII-Satz definiert ist und die „Menschenwürde migrationspolitisch nicht zu relativieren“ ist, stellt sich jedwede Leistungskürzung als fragwürdig dar.

Im ersten Schritt ist immer Widerspruch beim zuständigen Sozialamt einzulegen. Sollte der Widerspruch abgelehnt werden, sollte Klage beim zuständigen Sozialgericht eingereicht werden.

Bei Verfahren vor dem Sozialgericht fallen keine Gerichtskosten an, und bei Klagen, die sich gegen Kürzungen im AsylbLG richten, gewähren die Sozialgerichte immer Prozesskostenhilfe, über den ein_e Anwalt/Anwältin finanziert werden kann. Zudem sind immer Eilverfahren möglich, wenn das Existenzminimum unterschritten wird und dies auch schon ab Widerspruchsverfahren, noch bevor Klage beim Sozialgericht eingereicht wurde.

Wir bemühen uns, bei Bedarf eine_n Fachanwalt oder Fachanwältin zu vermitteln.

Handreichungen/Arbeitshilfen/Erlass:

  • Claudius Voigt von der GGUA hat für den Paritätische Gesamtverband eine Arbeitshilfe erstellt, die die Änderungen im AsylbLG berücksichtigt, siehe hier.
  • Der Flüchtlingsrat Berlin hat ebenfalls Informationen und Hinweise zu den Änderungen im AsylbLG sowie deren Umsetzung in Berlin zusammengestellt, siehe hier.
  • Ein Erlass des niedersächsischen Innenministeriums vom 20.08.2019 gibt erste Hinweise, wie in Niedersachsen einige Änderungen im AsylbLG umgesetzt werden sollen, siehe hier: Erlass nds. MI zu AsylbLG vom 20.08.2019

Im Anhang:

  • Die o.g. Hinweise als pdf-Datei
  • Tabelle Leistungssätze AsylbLG in 2019 und 2020 vom Flüchtlingsrat Hessen
-- 
Freundliche Grüße
Sigmar Walbrecht

Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. 
Röpkestr. 12
D - 30173 Hannover 
Tel.: 0511/98 24 60 30
Durchwahl: 0511/84 87 99 73
Fax: 0511/98 24 60 31

www.nds-fluerat.org 
www.facebook.com/Fluechtlingsrat.Niedersachsen

2016 12 Informationen zur Wohnsitzregelung für anerkannte FlüchtlingeEntf (2)

2016 12 Wohnsitz engl

2016 12 Wohnsitz französ

2016 12 Wohnsitz arab


Infos zur Härtefallkommission Niedersachsen

http://www.mi.niedersachsen.de/themen/auslaenderrechtliche_angelegenheiten/auslaender_und_asylrecht/haertefallkommission/haertefallkommission-beim-niedersaechsischen-ministerium-fuer-inneres-und-sport-63033.html


Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen

Keine Anspruchseinschränkung für Geduldete nach
§ 1a II AsylbLG (Az. L 8 AY 51/16 B ER)

In einem Beschluss vom 12.12.2016 hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen den Beschluss des Sozialgerichts Stade zur Anspruchseinschränkung eines geduldeten Asylbewerbers aufgehoben. Beim Antragssteller handelt es sich um einen mazedonischen Staatsangehörigen. Der Asylantrag des Antragsstellers wurde bereits abgelehnt. Über die Folgeanträge der Frau und der gemeinsamen Kinder wurde noch nicht entschieden. Daraufhin wurden die Leistungen des Antragsstellers nach § 1a II AsylbLG durch den Landkreis Cuxhaven mit der Begründung gekürzt, dass trotz der Duldung eine Ausreisepflicht bestehe. Nach Ansicht des Landessozialgerichts hat jedoch der Antragssteller einen Anspruch auf lebensunterhaltssichernde Leistungen nach § 2 I AsylbLG. Bei Inhabern einer Duldung liege keine rechtsmissbräuchliche Selbstbeeinflussung der Aufenthaltsdauer iSd. § 2 I AsylbLG. Die Inhaber einer Duldung sind demnach Leistungsberechtige nach § 1 I Nr. 4 AsylbLG. Hierauf ist nach Ansicht des Landessozialgerichts § 1a II 1 AsylbLG nicht anwendbar.

lsg-nds-bremen-zu-%c2%a7-1-a-asylblg


Stellungnahme des Flüchtlingsrat Niedersachsen

zum geplanten Integrationsgesetz unter besonderer Betrachtung des Arbeitsmarktzugangs
von Flüchtlingen und zur Segregation Asylsuchender nach vermeintlichen
Aufenthaltsperspektiven

Information zur Anhörung im Asylverfahren

http://www.asyl.net/index.php?id=337

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Ankündigung von Abschiebungen

Liebe Leute,
Durch das „Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz“ vom Oktober 2015 wurde
u.a. § 59 Abs. 1 S. 8 Aufenthaltsgesetz neu eingefügt. Er lautet wie
folgt: „Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin
der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.“ Vorher konnten
die Ausländerbehörden im Ermessen selbst entscheiden, ob sie
Abschiebungen aus humanitären Gründen ankündigen oder davon absehen.
Durch die Änderung ist diese Praxis bundeseinheitlich verboten. Gerade
im Kreis von Anti-Abschiebungsinitiativen hat diese Gesetzesänderung
große Verunsicherung ausgelöst.

Es gibt dennoch Möglichkeiten den Termin einer Abschiebung zu erfahren.
Zunächst heißt es im Gesetz lediglich, dass Abschiebungen „nicht
angekündigt“ werden dürfen. Eine Ankündigung bezeichnet in der Regel
eine durch die Behörde erfolgende Information, bspw. die Nennung eines
konkreten Termins in der Abschiebungsanordnung. Davon unberührt sind
Informationen oder Mitteilungen, die Betroffene selbstständig von der
Behörde anfordern. Es bietet sich an, dass Betroffene – auch mit Hilfe
der Unterstützer – bei der Ausländerbehörde den konkreten Termin
erfragen. Nach dem Gesetzeswortlaut müsste die Behörde Termin mitteilen.
Sollte sich die Behörde weigern könnte eine Akteneinsicht durch
Anwält/innen vielversprechend sein.

Weitere Informationen finden sich in dem Asylkommentar: Hofmann, Rainer
M. (Hrsg.): Nomos-Kommentar zum Ausländerrecht, 2. Auflage 2016,
Kommentierung zu § 59 AufenthG, Rn. 24, Bearbeiter: Stephan Hocks.

Liebe Grüße,
Max
Juristischer Mitarbeiter von PRO ASYL

Erstinfos für Asylsuchende aktualisiert

auf Grund der letzten Änderungen v.a. im Aufenthaltsgesetz, in der Beschäftigungsverordnung und im Asylgesetz (vormals Asylverfahrensgesetz), die am 01.08. sowie am 24.10.2015 in Kraft getretenen sind, hat der Flüchtlingsrat die Erstinfos für Asylsuchende aktualisiert.

Die aktualisierte fünfte Ausgabe der Broschüre liegt derzeit als pdf-Datei in den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch vor. Die Fassungen in Arabisch und Farsi folgen. Ebenso werden die Druckversionen der fünften Auflage des Erstinfos in allen fünf o.g. Sprachen in Kürze folgen.

erstinformationen_broschuere_5te_auflage_WEB_DEU

erstinformationen_broschuere_5te_auflage_ENG_WEB

erstinformationen_broschuere_5te-Auflage_FRA_WEB

Arbeitsmarktzugang_fuer_Fluechtlinge_20151118

Ratgeber für Freiwillige in der Flüchtlingsarbeit

Rechte haben und Recht bekommen

Übersicht Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Leistungen des SGB II und III etc.

Übersicht: Informationsangebote für Flüchtlinge im Internet

Frankfurter Rundschau  – Anonymous ruft zum Rickrolling auf